Objekt des Monats Mai 2025 ‒ Bombentöpfe
Heute soll ein Konvolut aus unterschiedlichsten, aber dennoch auf gewisse Weise ähnlichen Einzelstücken als Objekt des Monats vorgestellt werden. Vor einigen Jahren bekamen wir aus einem Nachlass einen Karton mit der „gefährlichen“ Aufschrift „Vorsicht Bombentöpfe 9.–10. Jh.“ trug. Nach vorsichtiger Öffnung kamen sechs in Zeitungspapier gewickelte Objekte aus Keramik zum Vorschein: drei Kugel- oder Bombentöpfe unterschiedlicher Größe, ein dreibeiniger Grapen, eine Ofenkachel und ein halber tönerner Topfdeckel.
Auf Nachfrage zu Herkunft und Fundumständen wurde uns mitgeteilt, dass diese Objekte in der Wiesenstraße im Zuge von Bauarbeiten geborgen wurden; nähere Einzelheiten waren nicht zu erfahren. Da die Wiesenstraße recht lang ist – sie reicht vom Malzhügel bis zur Dr.-Wilhelm-Külz-Straße am Zellaer Markt – und hier einige Bauarbeiten stattgefunden haben, ist der Fundort leider nicht genauer zu bestimmen.
Unweit der Kirche St. Blasii in Zella, entlang der Wiesenstraße, gab es einige größere Baustellen, die als Fundort infrage kommen. (Kartengrundlage: OpenStreetMap, Lizenz: CC-BY-SA).
Der Bereich, in dem die Funde geborgen wurden, grenzt zumindest unmittelbar an das ehemalige Gelände der „Probstei Cella sancti Blasii“ und gehörte möglicherweise einst dazu. Zumindest eines der Stücke setzt eine gewisse Wohlhabenheit voraus und war zu seiner Zeit nicht in jedem Haus zu finden.
So schön solche Funde auch sind, ohne eine ordentliche Grabung, bei der die genauen Gegebenheiten festgestellt und dokumentiert werden, sind sie für die Wissenschaft leider beinahe wertlos. Dennoch geben uns die Objekte einen Einblick in die frühe Geschichte der Besiedelung unserer Stadt. Da genaue Angaben zu den Fundumständen fehlen, lassen sich die Fundstücke nur grob klassifizieren. Anhand ausgewählter Objekte und unter Zuhilfenahme einschlägiger Fachliteratur wollen wir eine zeitliche Einordnung vornehmen. Mithilfe der „Typentafeln zur Ur- und Frühgeschichte“ können die Objekte bereits gut zugeordnet werden.
Die Abbildung zeigt typische mittelalterliche Keramik. Anhand dieser Abbildung lassen sich unsere Fundstücke gut zuordnen und datieren. (Aus: Feustel, Typentafeln zur Ur- und Frühgeschichte, Weimar 1972.).
Zwei der typischen Bomben- oder Kugeltöpfe aus dem Konvolut.
Zunächst betrachten wir die als Kugel- oder Bombentöpfe bezeichneten Kochtöpfe, die sich durch ihre typische Form auszeichnen. Es handelt sich dabei um eine seit dem frühen Mittelalter verbreitete Keramikform, die zur Zubereitung von Speisen direkt in die Glut gestellt wurde und daher keinen Standboden benötigte. Diese Töpfe waren gewissermaßen die Allzweckgefäße vom 10. bis zum 13. Jahrhundert und teilweise auch darüber hinaus. In dieser Zeit gibt es vereinzelt auch andere Gefäßformen, doch der Kugeltopf kann für nahezu alles benutzt werden: vom Aufbewahren und Lagern über den Transport bis hin zum Essen, Trinken und Kochen. Noch bis ins 15. Jahrhundert wird der Kugeltopf in Haushalten verwendet, allerdings sind inzwischen zahlreiche andere Gefäßformen hinzugekommen. Das Volumen von Kugeltöpfen ist, wie für ein universelles Gefäß nicht anders zu erwarten, sehr variabel. Es gibt Gefäße, die wenige 100 ml aufnehmen können, aber auch solche mit einem Fassungsvermögen von gut und gern 10 Liter und mehr. Als Kochstelle diente lange Zeit eine einfache, offene Feuerstelle. Diese befand sich entweder direkt auf dem Lehmfußboden oder auf einem Unterbau aus Steinen oder Ziegeln.
Die frühen Töpfe des 10. Jahrhunderts sind glatt und haben keinen abgesetzten Hals. Sie sind nicht verziert. Ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erhalten sie Spiralfurchen unter dem Rand und ab dem 13. Jahrhundert einen konischen Hals mit mehreren sogenannten Gurtfurchen. Letzteres Erscheinungsbild weisen unsere Töpfe auf, sodass sie frühestens aus dem 13. Jahrhundert stammen könnten.
Ab dem 12. Jahrhundert kamen dann sogenannte Grapen in Gebrauch. Das waren Kugeltöpfe mit drei Beinen und einem Henkel. Sie waren bis zur ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gebräuchlich.
Grapen sind irdene oder metallene Töpfe bzw. Kochkessel mit den typischen drei Beinen. Sie besitzen üblicherweise die Form einer Kugel mit schräg nach außen gezogenem Rand und drei Standfüßen. Ihre runde, bauchige Form und die drei Beine ermöglichen es, sie wie Kugeltöpfe direkt in die Glut des offenen Feuers einer Kochstelle zu stellen, allerdings sind sie standfester als diese. Die relativ hohe Masse des Topfes verteilt die Hitze auf die innere Oberfläche und gibt sie langsam und gleichmäßig an das Gargut ab.
Grapen mit rundem Boden kommen seit dem 12. Jahrhundert vor, mit abgeflachtem Boden seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Unser Exemplar hat einen runden Boden und kann demzufolge auch aus dem 13. Jahrhundert stammen.
Der dreibeinige Grapen ist ein historisches Küchengerät, das im 12. Jahrhundert entstand.
Dann gibt es noch die Ofenkachel, die auch als Becher-, Schüssel-, Topf- oder Napfkachel bezeichnet wird. In ihrer frühen Form ähnelt sie den Kugeltöpfen mit quadratisch herausgezogener Öffnung. Im 14. Jahrhundert war diese Form gebräuchlich, im späten 15. Jahrhundert wurde der Boden abgeflacht. Ältere Kacheln haben dagegen spitze oder zapfenförmig auslaufende Böden und keinen quadratischen Rand.
Die hier gezeigte Topfkachel war im 13. und 14. Jahrhundert ein gängiger Kacheltyp und entsprach im Wesentlichen dem für diese Zeit typischen Kochtopf, dem sogenannten Kugeltopf.
Es wird vermutet, dass Backöfen oder überwölbte Herdfeuer die Vorläufer der Kachelöfen waren. Irgendwann im Mittelalter begann man damit, keramische Becherkacheln oder Töpfe in die Lehmkuppeln der Öfen einzusetzen, um die Wärmeabstrahlung zu verbessern. Die ältesten keramischen Objekte, die als Ofenkacheln betrachtet werden, stammen aus dem 8./9. Jahrhundert. Funde in vielen Gegenden Mitteleuropas deuten darauf hin, dass der Kachelofen anfänglich den Klöstern, dem Adel und anderen hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten war. In gewöhnlichen Wohnhäusern wurden eher einfach gemauerte Öfen verwendet.
Aufgrund dieser Erkenntnisse können die Fundstücke gut in das 13. bis 14. Jahrhundert, eine Zeit der Blüte der Klosterzelle St. Blasii, datiert werden. Ob die Stücke dem Kloster selbst oder der umgebenden Siedlung zuzuordnen sind, bleibt vorerst offen, da die genaue Fundlage leider nicht bekannt ist und es keine Dokumentation der Fundumstände gibt. (ls)