Resümee des Internationalen Museumstages 2025
Am 18. Mai 2025, dem Internationalen Museumstag, öffneten das Stadtmuseum in der Beschussanstalt, das Technikmuseum Gesenkschmiede und das Heimatmuseum Benshausen in Zella-Mehlis ihre Pforten und verwandelten sich in lebendige Treffpunkte für Gäste aus nah und fern. Eine besondere Sogwirkung entfaltete nicht nur der kostenfreie Eintritt, sondern auch das vielfältige Rahmenprogramm der Einrichtungen.
In der Gesenkschmiede im Lubenbachtal herrschte bereits am Vormittag großer Andrang – für die kompakten Räumlichkeiten eine kleine Herausforderung, der Lothar Schreier, Museumsleiter der Stadt aber wie gewohnt mit Übersicht, ordnender Hand und Expertise zu begegnen wusste. Anders als im Rahmen üblicher Führungen, mit denen er über das Jahr hinweg den Gästen die Wirkweise der Arbeitsstätte in Erinnerung ruft, konnten die Gäste an diesem Tag ausführlich in den Dialog treten, Fragen diskutieren und auch einmal dem Hammerschlag eines der sechs mächtigen Brettfallhämmer beiwohnen, deren „Orchester“ das Lubenbachtal im 20. Jahrhundert wesentlich mitbestimmt hat. Nach einer kurzen Reparatur konnte auch der Dieselmotor, Baujahr 1935, dank der fachkundigen Unterstützung von Hans König wieder in Gang gebracht werden und gab den ganzen Tag über den Takt an. Fragen wie "Hat man hier auch nachts gearbeitet?" Die Fragen "Wie konnte man hier bei der Lautstärke unten arbeiten und oben wohnen?" und "Wie hat das Gebäude das ausgehalten?" waren dementsprechend häufig zu hören.
Die drei Herren vom Grill in der Gesenkschmiede
Die leckeren Bratwürste waren gut nachgefragt
Ab Mittag ließ Thomas Faulstich, seines Zeichens gelernter Maschinenbaumeister und Schmied, die Kohlen im Schmiedeofen der großen Schmiedehalle zum Glühen bringen und zeigte abseits seiner buchbaren Kurse einmal mehr, welch schweißtreibende Arbeit das Handschmieden war. Hier wurde den Gästen auch der Unterschied zum Schmieden mit den Brettfallhämmern deutlich vor Augen geführt: während es bei der händischen Schmiedekunst eher um die Kunstfertigkeit am Einzelstück geht, waren die Brettfallhämmer eine Notwendigkeit im Zeitalter der Industriellen Revolution, die viele Serienstücke für Werkzeuge, Fahrzeuge oder Musikinstrumente verlangte – ein Pensum, das der Schmied am Amboss in der gebotenen Zeit nicht mehr bewerkstelligen konnte, wie die Herstellung kleiner Nägel einmal mehr verdeutlichte, deren durchaus aufwendige Fertigung die Gäste gespannt beiwohnen durften.
Dicht umlagert: Schmiedemeister Thomas Faulstich beim Schauschmieden
Auch Museumsleiter Lothar Schreier schwang den Schmiedehammer
Anders als die Schauvorführungen im Technikmuseum sind besondere Höhepunkte des Museumstages im Stadtmuseum in der Beschußanstalt die alljährlich stattfindenden Führungen hinter den Kulissen. Gäste erfahren hierbei Aufschlussreiches über die Museumsarbeit abseits offizieller Pfade, tief unten in den „Katakomben“ und „oben“ in den Archiven des schönen Museumsgebäudes. Auf den zwei Rundgängen, an denen über 30 Besucher teilnahmen, wurde am meisten über die Fülle an gesammelten Objekten gestaunt, die dem Auge noch nicht zugänglich gemacht wurden. Die Gäste beschäftigte dabei vor allem, wie Gegenstände Eingang in den Museumsbestand finden, welche Probleme dabei auftreten können und wie diese, einmal im Bestand integriert, schnell wieder aufgefunden werden – Fragen, die Maria Seeberg, gelernte Restauratorin und mehrjährige Museumsmitarbeiterin ebenso profund zu beantworten wusste, wie Erkundigungen zur bibliothekarischen Recherchearbeit, etwa zum beliebten „Objekt des Monats“, das in den lokalen Zeitungen regelmäßig Aufschluss über die regionale Kultur- und Industriegeschichte gibt. Der Kellerbereich faszinierte demgegenüber vor allem mit Werkstatt und Vereinsraum, in dem der Museumsverein allmontaglich in illustrer Runde zusammentrifft und der gerne auch mal für den ein oder anderen Hausflohmarkt die passende Lokalität bietet - wie auch diesmal wieder.
Etliche Besucher folgten dem Angebot einer Führung hinter den Kulissen des Museums
Museumsmitarbeiterin Maria Seeberg gab interessante Auskünfte zur Museumsarbeit
In den Ausstellungsräumen zur hiesigen Waffenfertigung durften die Gäste demgegenüber Chiara und Vivian, zwei Schülerinnen der Graveurschule Suhl, bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Nicht schlecht gestaunt wurde darüber, wie viel Detailliebe, Kunstfertigkeit und filigranes Gespür vonnöten sind, um einer qualitätvollen Büchse ihr majestätisches Äußeres zu verleihen. Ein frühzeitiges Interesse am Zeichnen und künstlerischem Gestalten sollte dafür durchaus vorhanden sein, wie die jungen Frauen, die sich im ersten Lehrjahr ihrer schönen Ausbildung befinden, auf Nachfrage bestätigten.
Schaugravieren
Junge Graveurinnen der hiesigen Fachschule gaben Einblicke in ihren schönen Beruf
Hohen Zuspruch fanden auch wieder die allseits beliebten Museums-Rallyes, vor allem bei den jüngeren Besuchern. Der Fragen-Katalog rund um die ausgestellten Exponate erwies sich dabei durchaus als anspruchsvoll, doch mit dem ein anderen liebevollen Tipp der Eltern konnten die Kleinen erfolgreich auf die Zielgerade einbiegen und schlussendlich kleine Überraschungen in Empfang nehmen. Gerade Burni, das sympathische Feuerstein-Maskottchen der Einrichtung, erregte freudiges Interesse und darf nun in Magnetform die Kinderzimmer erheitern. Burni begrüßt im Übrigen ab sofort auch in Plüsch die Gäste im Eingangsbereichs des Museums. Mitarbeiterin Maria Seeberg hat dem beliebten Kerl in aufwendiger Handarbeit ein größeres, nahezu kissengroßes Format verliehen, das seiner Bekanntheit als Aushängeschild der Einrichtung sicher weiter zum Durchbruch verhelfen wird. Ob hiermit in Serie gegangen werden kann, überlässt das Museumsteam der Nachfrage.
Zahlreiche Besucher erfuhren Interessantes zur Geschichte unseres Heimatortes
Besonders beliebt bei den Familien: die Museums-Rallye mit Burni
Das landesweite Projekt des Museumsverbandes Thüringen e.V. der „Poesie der Dinge“, welches besonders seltene, schöne oder exotische Museums-Exponate Thüringer Provenienz nicht nur für sich sprechen lässt, sondern diesen mit Reimen und anderen schwungvollen, andächtigen oder tiefsinnigen Zeilen lokaler Poeten ihre ganz besondere Magie entlockt, konnte in den Zella-Mehliser Räumlichkeiten am diesjährigen 18. Mai leider keinen Beitrag erfahren. Hendrik Neukircher vom Provinzschrei e.V. und Ulrike Blechschmidt waren als Verfasser eigener Beiträge und Vortragende avisiert, zeitlich aber anderweitig eingebunden. Auf die spannende Symbiose aus stillem Gegenstand und begleitender Lyrik müssen Kulturbegeisterte aber trotzdem nicht verzichten: Der hochwertig bebilderte und gedruckte Band 2 zur „Poesie der Dinge“ kann gegen eine kleine Spende im Stadtmuseum erworben werden, worauf auch Holger Uske, ehemaliger Kulturverantwortlicher der Stadt Suhl und Mitautor noch einmal aufmerksam machte.
Bei allem musealen Input, angeregtem Austausch und der wiederentdeckten Freude an lokaler Geschichte durften natürlich auch die Gaumenfreuden nicht zu kurz kommen. Wie üblich taten hierzu Mitglieder des Geschichts- und Museumsvereins e.V. in hingebungsvoller Weise ihr Übriges. Bunte Kuchen und frischer Kaffee konnten im Vereinsraum erworben werden, im gemütlichen Hinterhof wurden leckere Bratwürste gewendet, die ihren Duft bis in die Räumlichkeiten verströmten und zum allgemeinen Wohlbefinden beitrugen. Apropos Museumsverein: dieser durfte sich über die Aufnahme seines nunmehr einhundertsten Mitglieds freuen. Patrick Schneider, ohnehin schon langjähriger Freund und Förderer des Vereins, war diesjährig damit bereits der vierzehnte Neuankömmling in den Reihen der Museumsgemeinschaft - ein gutes Zeichen für den Fortbestand regionaler Geschichtsforschung und ein hoffnungsvolles Signal für die Zukunft der Vereinsarbeit bis in die jüngeren Generationen hinein.
Gerne gesehener Gast: Bürgermeister Torsten Widder
Auch das liebevoll gestaltete Heimatmuseum Benshausen öffnete an diesem Tag, mit freiem Eintritt, seine Pforten für Besucher und bot einen faszinierenden Einblick in die traditionsreiche Vergangenheit des schönen Zella-Mehliser Ortsteils. Simone Perkounik, Eberhard und Erika Mann gaben den Besuchern nicht nur Auskünfte, sondern führten mit Sachkenntnis und Leidenschaft durch die ereignisreiche Geschichte Benshausens und vermittelten viele interessante und manchmal unbekannte Fakten. Außerdem nutzten etliche Besucher die Gelegenheit und informierten sich über das aufregende Leben von Daniel Elster in der gleichnamigen Ausstellung.
Insgesamt war der Internationale Museumstag damit ein voller Erfolg für die musealen Einrichtungen der Stadt Zella-Mehlis. Die insgesamt über 300 Besucher machten einmal mehr deutlich, wie groß auch im Zeitalter digitaler Überwälzungen das Interesse an Dingen „zum Anfassen“ ist, die die Lebenswelt unserer Vorfahren geprägt und in den schönen Museen der Stadt eine besonders würdige Umgebung gefunden haben. In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass dieser Tag nicht nur in Erinnerung, sondern weit darüber hinaus wirkt – als Impuls, Geschichte lebendig zu machen und gemeinsam Zukunft zu gestalten.