Objekt des Monats
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Objekt des Monats November 2022 - Das Modell der Beschußanstalt
Im Jahr 2002 erfolgte die Teileröffnung des Stadtmuseums in der Beschußanstalt. Genau 20 Jahre ist das nun her und aus diesem Anlass stellen wir im November unser Modell der Beschußanstalt, welches im Bereich Waffenbeschuss ausgestellt ist, als Objekt des Monats vor.
Das Modell wurde 1998 im Maßstab 1:50 von der ABS GmbH Eisenach geschaffen, welche auch die ersten Modelle für den Erlebnispark Mini-à-Thür in Ruhla gefertigt hat. So befindet sich das Technikmuseum ebenfalls als Modell im Mini-à-Thür, während das Modell der Beschußanstalt im neuen Stadtmuseum seinen Platz gefunden hat.
Das Modell zeigt den Bauzustand der Beschußanstalt im Jahr 1940. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Haus noch als Beschußanstalt genutzt, erst 1942 wurde es in ein neu erbautes Gebäude am Böhmerberg (Dörnbachstraße) verlagert.
Am 1. April 1893 nahm die Herzogliche Beschußanstalt ihren Dienst für den Waffenbeschuß des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha auf.
Bis 1942 wurden mehr als 15 Millionen Handfeuerwaffen hier auf ihre Sicherheit und Haltbarkeit hin überprüft.
Die Tradition des Waffenbeschusses geht weit zurück in die Vergangenheit. Die im 14. Jahrhundert aufkommenden Geschützrohre wurden bereits im 16. Jahrhundert einer Festigkeitsprobe (Beschuss) unterzogen wie schriftliche Quellen belegen. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts ist ebenfalls die Festigkeitsprüfung von Handfeuerwaffen schriftlich belegt.
Die Läufe der Handfeuerwaffen wurden hierbei entweder durch eine größere Anzahl von Schüssen mit normaler Ladung oder durch erhöhte Pulverladung gegenüber der Betriebsladung geprüft.
Das erste deutsche staatliche Beschußamt wurde 1867 als preußisches königliches Beschußamt in Solingen gegründet. Dies war die Zeit, in der in den europäischen Ländern Gesetze zur Durchführung einer Pflichtprüfung für Handfeuerwaffen erlassen wurden: 1868 in England, 1885 in Belgien, 1891 in Deutschland und Österreich, 1910 in Italien und 1915 in Spanien.
Aufgrund des hohen Eisenerzvorkommens und der gleichzeitigen Verfügbarkeit von Wasser und Holz in unserem Gebiet, etablierte sich die Metallverarbeitung zum Hauptberufszweig in Zella und Mehlis. Der Mehliser Eisenhammer fand bereits im 14. Jahrhundert Erwähnung und es ist anzunehmen, dass auch damals schon Feuerwaffen produziert wurden.
Bis zum Ende des II. Weltkrieges wurden in Zella-Mehlis Handfeuerwaffen hergestellt und beschossen. Die Waffenherstellung mit allen ihren Zulieferberufen war das Haupterwerbsfeld in der Stadt. Etwa 80% der Bevölkerung arbeiteten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in diesem Berufszweig.
Zwischenzeitlich wurde der Industriekomplex sowohl als Wohnhaus als auch als Produktionsstätte genutzt.
Als Fabrikgebäude (mechanische Fertigung) nutzten die ehemalige Beschußanstalt u.a. die Firma Kührt, die PGH Automatik (um 1972) und bis zur politischen Wende 1990 der damalige VEB Spannzeuge.
Über die Jahrzehnte hinweg erfuhr das Gebäude der Beschußanstalt so manche Veränderung und Erweiterung. So kann man am Modell z.B. insgesamt 12 Außentüren zählen, heute sind es nur noch sechs Türen, die ins Gebäude führen, wobei noch einige weitere zwar sichtbar, aber nicht mehr nutzbar sind.
Heute ist das Gebäude der ehemaligen herzoglich-sächsischen Beschußanstalt bzw. späteren Thüringischen Beschußanstalt der letzte bauliche Zeitzeuge der hiesigen Waffenherstellung.
Im Jahr 1986 wurde das Industrieensemble unter Denkmalschutz gestellt und noch vor der Einstellung der Produktion durch den damaligen VEB Spannzeuge wurde von der Arbeitsgemeinschaft Denkmalpflege in Zella-Mehlis auf eine mögliche zukünftige museale Nutzung des Gebäudes hingewiesen.
1992 wurde per Ratsentschluss entschieden, das Gebäude der zu diesem Zeitpunkt sehr sanierungsbedürftigen Beschußanstalt zu erwerben und zum modernen Stadtmuseum auszubauen. 1997 begann man mit den Planungen zum Um- und Ausbau des Gebäudekomplexes zum Stadtmuseum. Wenn man sich heute Fotos aus den 1990er Jahren anschaut, kann man den Hut vor den Bauarbeitern ziehen, die aus dem verfallenen Industrieensemble das moderne Stadtmuseum erstehen ließen, wie wir es heute kennen und somit dieses architektonische Kleinod in unserer Stadt gerettet haben.
Im April 1998 begannen mit dem Abriss eines Schuppens die Bauarbeiten, die sich über mehrere Jahre hinzogen.
Die Teileröffnung des Stadtmuseums erfolgte 2002 mit der Freigabe der Ausstellungsteile Stadtgeschichte, Geologie und Bergbau. In den darauffolgenden zwei Jahren wurde die gesamte Dauerausstellung fertiggestellt und 2004 erstmals vollständig der Öffentlichkeit präsentiert.
In zwei Jahren wird unser Stadtmuseum in der Beschußanstalt nun bereits 20 Jahre alt – haben Sie es sich schon angeschaut? Wenn nicht, wird es höchste Zeit! (jk)