Dauerausstellungen
In der Ausstellung können Sie den Werdegang der Gesenkschmiedeteile von der Herstellung der Gesenke bis zum fertigen Teil verfolgen. Daneben zeigt das Museum eine Sammlung historischer Werkzeugmaschinen und bietet Informationen zur Nutzung der Wasserkraft mit dem dazugehörigen Gewerksgrabensystem.
Eingangsbereich
Auf einer historischen Bauzeichnung aus dem Jahre 1918 (Kopie) ist der Umbau des alten Sägewerks zu einer Gesenkschmiede dokumentiert.
Eine kurze Darstellung der Chronik vermittelt den Besuchern die wichtigsten Fakten zur Geschichte des Hauses.
Weiterhin finden Sie Informationen zu den Voraussetzungen des regionalen Metallgewerbes mit Hinweisen zum Bergbau, der Holzkohlegewinnung und der Eisenerzverarbeitung. Eine weitere Übersicht informiert grundlegend über das Freiform- und Gesenkschmieden.
Am Modell eines Brettfallhammers erkennen Sie dessen Funktion, die Befestigung der Gesenke und Sie lernen den Gesenkschmiedevorgang kennen.
Gesenkbau
In diesem Raum wurden von 1919 bis 1985 die „Gesenke“ für die Schmiedearbeiten vom Gesenkbauer (Lehrberuf) hergestellt. Der Name „Gesenk“ ergibt sich, weil der glühende Stahl durch den Schmiedevorgang in die gehärtete Stahlform (Gesenk) „eingesenkt“ wurde.
Im Gesenkbau sehen sie den Arbeitsplatz eines Gesenkbauers mit kompletter Ausstattung. An einer Wandtafel und in einem Schaukasten ist die Auflistung der Arbeitsfolgen bei der traditionellen (heute historischen) Gesenkherstellung dargestellt.
Gesenke lohnten sich erst bei Stückzahlen ab ca. 5.000 Schmiedeteilen. Mit einem Gesenk konnten Stückzahlen von 8.000 bis 10.000 Teilen gefertigt werden. Der auftretende Verschleiß machte dann Nacharbeiten oder eine Neuanfertigung erforderlich.
Im Gesenkbau finden Sie die zur Gesenkherstellung erforderlichen Maschinen und darüber hinaus weitere gesammelte Exponate, die dem Technikmuseum von aufmerksamen Bürgern zur Verfügung gestellt wurden, um sie vor der Verschrottung zu bewahren.
Die meisten Maschinen sind funktionstüchtig und können vorgeführt werden.
Im Gesenkbau wurden von 1985 bis 1991 denkmalpflegerische Metallarbeiten ausgeführt, nachdem die Firma Wahl die Schmiede 1985 an den damaligen VEB Denkmalpflege Suhl (der Firmensitz war in Meiningen) verkauft hatte.
Im angrenzenden Schleifraum steht neben zwei Schleifböcken eine historische Vertikalschleifmaschine (ca. 1925) mit einem Elektromagneten zur Werkstückhalterung.
Große Halle
Dieser Gebäudeteil wurde errichtet, nachdem ein kleinerer Vorgängerbau und das Hauptgebäude durch einen Brand im Juni 1951 beschädigt wurden.
Die neue Halle wurde vorwiegend für die Lagerung von Material benutzt, das in der Gesenkschmiede tonnenweise verarbeitet wurde. Hier erfolgte auch der Zuschnitt des Materials auf handliche Längen z. B. auf einer Schere, die Materialstärken bis zu 50 mm Durchmesser bewältigen konnte. Heute wird der Raum für zusätzlich gesammelte Exponate genutzt.
Der große doppelte Schmiedeherd wurde neu errichtet, ebenso der zugehörige komplette Arbeitsplatz eines Freiformschmiedes. In seiner unmittelbaren Nähe befinden sich mehrere Gebläse (der traditionelle Blasebalg, ein Doppelzylindergebläse sowie ein elektrisch angetriebener Kreisellüfter). Beachten Sie bitte auch den Mechanismus, der vom Wasserrad angetrieben werden kann, einen kleinen Riemenfallhammer und einen Federhammer, der dem Schmied die manuelle Schlagarbeit teilweise abnimmt.
Die nun folgenden Biegemaschinen sind zum Anfertigen von Radreifen erforderlich, die vom Schmied als wichtigen Zulieferer der Stellmacher (Wagner) auf Fuhrwerksräder montiert wurden. An der Wand sind verschiedene Holzwagenräder (ohne und mit Reifen) ausgestellt. Daneben steht eine Stauchmaschine zum Vergrößern von Materialquerschnitten im warmen Zustand.
Hier befindet sich auch der originale Arbeitsplatz eines Gesenkschmiedes. Er ist der technologischen Reihenfolge entsprechend gestaltet:
- Ein Gasglühofen (befeuert mit einem Stadtgas-Luft-Gemisch) zum Erwärmen des Schmiedematerials
- Ein Brettfallhammer (Bärgewicht 300 kg, Fallhöhe 1 m) mit entsprechenden Gesenken. Dieser Hammer kann vorgeführt werden!
- Eine Exzenterpresse mit Schnittvorrichtung zum Entgraten der Schmiedeteile in glühendem Zustand
- Eine zweite Exzenterpresse mit Schnittvorrichtung zum Abschneiden der glühenden Teile von der Stange und eine Fußhebelschere zum gleichen Zweck.
Hier steht auch die Wasserkraftmaschine, eine funktionstüchtige Turbine, welche zum Antrieb der Brettfallhämmer von 1928 bis 1985 diente.
Das Wasser zum Antrieb der Maschine wird durch eine 50 cm starke Rohrleitung aus dem 4 m höher gelegenen Gewerksgraben zugeführt.
Bei Wassermangel in trockenen Sommern oder strengen Wintern kam ein Dieselmotor zum Einsatz. Einen solchen sehen Sie neben der Turbine.
Alte Schmiede
Hier befindet sich das große Schwungrad, welches – von der Turbine angetrieben – die Drehbewegung über Flachriemen auf die Transmission überträgt. Von hier aus erfolgt der Antrieb der Fallhämmer.
Das größte Exemplar der Brettfallhämmer (Typ „Lasco“, 15,4 t Gesamtgewicht, 700 kg Bärgewicht) wurde zur Fertigung von großen Schmiedeteilen verwendet, deren Erwärmung im daneben befindlichen Glühofen (Gasverbrauch ca. 60 m³/h) erfolgte.
Die Teile wurden auf der großen Exzenterpresse neben dem Schwungrad entgratet.
In der Gesenkschmiede in Zella-Mehlis befinden sich sechs alte Brettfallhämmer, davon drei Stück von der Fa. Langenstein & Schemann, Coburg („LASCO“). Diese Firma fertigt noch heute Schmiedeeinrichtungen.
Drei weitere Hämmer stammen aus den USA. Zwei davon weisen die Herkunft aus:
- Fa. Pratt & Whitney aus Hartford, Baujahr 1875
- Fa. Merill & Sons aus New York, Baujahr 1867
Die Fa. Pratt & Whitney fertigt heute unter gleichem Namen Flugzeugtriebswerke z. B. für die Firma Boing.
Erste Brettfallhämmer wurden 1861 (oder 1862) in den USA für die Firma Goulding & Cheeny patentiert.
Die hier vorhandenen Maschinen sind wichtige Sachzeugen einer technischen Entwicklung und als älteste Hämmer dieser Bauart in Deutschland die Grundlage dafür, dass die Gesenkschmiede 1988 unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Mehrere Umstände bzw. Zufälle haben dazu geführt, dass die alten Brettfallhämmer überhaupt und ausgerechnet in Zella-Mehlis geblieben sind:
- Zwei der amerikanischen Hämmer stammen aus der Königlich preußischen Gewehrfabrik Erfurt, die nach dem 1. Weltkrieg auf Befehl der Alliierten aufgelöst wurde. Fritz Udo Wahl hatte dort dienstverpflichtet gearbeitet und konnte die Maschinen billig erwerben.
- Nach dem 2. Weltkrieg wurde − im Gegensatz zu anderen Betrieben − die Fa. Wahl nicht demontiert. Die Schmiede musste für die russische Administration Aufträge ausführen.
- Zu DDR-Zeiten war die Schmiede bis 1985 Privatbetrieb. Die Anschaffung neuer Maschinen war kaum möglich – es wurde nicht modernisiert.
Deshalb kann unser Museum mit den genannten technischen Raritäten aufwarten, die sich noch in Originalzustand am originalen Standort der Fa. Wahl befinden.
Beim Verlassen des Raumes sehen Sie rechts den Bestand noch vorhandener Gesenke und Schnittwerkzeuge.
Kleine Schmiede
Hier befindet sich unser ältester Brettfallhammer (1867) von Merill & Sons aus New York, samt Glühofen und Antriebsmechanismus (Transmission).
Außerdem enthält der Raum eine komplette Einrichtung zum Freiformschmieden (Schmiedefeuer, Amboss, Richt- und Lochplatte sowie eine Werkzeugsammlung).
Dieser Arbeitsbereich wurde nach 1985 eingerichtet.
Zu DDR-Zeiten wurden hier Lehrlinge eines benachbarten Betriebes im Freiformschmieden unterwiesen. Damals war im Ausbildungsprogramm für Metallberufe (Instandhaltungsmechaniker, Werkzeugmacher u.a.m.) noch das Freiformschmieden enthalten.
Ein Federhammer und eine Exzenterpresse gehören ebenfalls zur Ausstattung dieses Raumes.
Wenn das Schmiedefeuer brennt und Sie haben Lust dazu, können sie selbst den Hammer schwingen und glühenden Stahl formen.
Ausstellung Kabinett
In diesem Raum befand sich früher das Gesenkelager. Heute finden Sie hier eine kleine Ausstellung mit Informationen zu:
- Spezialisierung und Zunftbildung
- Waffenproduktion in Zella-Mehlis
- Korkenzieherfabrikation
- Techniken des Freiformschmiedens
- Schmiedeverfahren und Werkstoffe
- Erzeugnisse der Gesenkschmiede Wahl
Zu sehen sind hier auch drei funktionsfähige Modelle verschiedener Hammerwerke. Diese wurden mit viel Sachkenntnis und Detailtreue von hervorragenden Fachleuten im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) angefertigt:
- Ein Aufwerfhammer mit unterschlächtigem Wasserrad
- Drei Schwanzhämmer mit oberschlächtigem Wasserrad
- Ein Stirnhammer mit oberschlächtigem Wasserrad
Zella-Mehlis als stärkster Konkurrent von Suhl verfügte seit Jahrhunderten über eine starke Handfeuerwaffenproduktion, die 1945 infolge Kriegseinwirkung zum Erliegen kam. Die bekannten Zella-Mehliser Firmen Walther, Weihrauch, IG Anschütz, Moritz und Gerstenberger u.a.m. mussten auf amerikanischen Befehl hin den Ort verlassen. Sie arbeiten zum Teil heute noch in anderen Bundesländern. Mehr über das traditionelle Büchsenmacherhandwerk erfahren Sie in unserem Standmuseum in der Beschussanstalt ».
Ausstellung Podest
Das Obergeschoss benutzte die Familie Wahl als Wohnung. Heute finden Sie hier eine kleine Ausstellung mit Informationen zur Schmiedefamilie Wahl, mit einigen Ausstellungsstücken aus dem persönlichen Besitz.
Von hier aus können Sie auch einen Blick von oben in die Alte Schmiedehalle mit vier Brettfallhämmern und die kleine Schmiede mit dem ältesten Brettfallhammer (1867) werfen.
Hier befindet sich auch ein weiterer Raum, welcher mit wechselnden Ausstellungen (Sonderausstellungen) belegt ist.
Außenanlagen
Die Außenanlagen wurden ausschließlich im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) in den 1990er Jahren geschaffen. Das verwendete Material war beim Straßenbau in der Stadt Zella-Mehlis übrig und wurde dem technischen Museum zur Verfügung gestellt.
Sie erreichen den Gewerksgraben, der in ca. 200 m Entfernung vom Lubenbach an einem Wehr abzweigt und die Turbine und das Wasserrad mit Wasser versorgt.
Vom erhöhten Standort aus sieht man das Wasserrad (3,7 m Durchmesser, Schaufelbreite 70 cm). Eine alte Zeichnung gab Anregung, ein Wasserrad zu bauen. Es wurde 1996 in Betrieb genommen.
Über eine Treppe gelangen Sie zu einer Kneipp-Anlage, die allen Besuchern kostenlos zur Verfügung steht. Sie ist von Mai bis September in Betrieb.
Beachten Sie hier bitte unbedingt die Benutzungshinweise!
In den Vorgärten können Sie sich weitere Exponate (Maschinen und Maschinenteile) ansehen.
Glossar
Museum
"Ein Museum ist eine nicht gewinnorientierte, dauerhafte Institution im Dienst der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Öffentlich zugänglich, barrierefrei und inklusiv, fördern Museen Diversität und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und partizipativ mit Communities. Museen ermöglichen vielfältige Erfahrungen hinsichtlich Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch."
ICOM-Museumsdefinition 2023