Zella-Mehlis ist reich an Geschichte!
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Objekt des Monats Februar 2024 – Römische Münze
Die Anfänge unserer Stadtgeschichte liegen im Dunkeln, heißt es in alten Chroniken. Erste schriftliche Hinweise finden sich in den Urkunden im Zusammenhang mit der Gründung des Klosters St. Blasii im Jahre 1111/12. Von der Zeit davor zeugen Funde, die der Boden zufällig oder bei systematischen Ausgrabungen zutage förderte. Sie zeigen, dass der Zella-Mehliser Talkessel, der an einem seit der Steinzeit regelmäßig genutzten Gebirgsübergang liegt, schon lange von Menschen aufgesucht wurde. Wann sich jedoch die ersten Siedler hier dauerhaft niederließen, kann nur vermutet werden, hier fehlen noch die entscheidenden Belege.
Es ist davon auszugehen, dass mit dem Beginn der Eisenzeit zwischen 500 und 100 v. Chr. die erste systematische Nutzung der reichlich vorhandenen Eisenerze begann. Hinweise darauf geben unter anderem die latènezeitlichen Reste einer Wallanlage auf dem Ruppberg und ein Eisenbarren, der am Rennsteig bei Oberhof gefunden wurde. In die Reihe solcher Funde gehört auch eine römische Münze aus der Umgebung unserer Stadt, die in der Ausstellung des Stadtmuseums zu sehen ist.
Es stellt sich die Frage: Waren die Römer jemals im heutigen Thüringen? Ja, sie waren hier! Wie und warum Römer und römische Funde in das freie Germanien zwischen Werra und Saale kamen, zeigte 2021 die Ausstellung „Roms verlorene Provinz“ im Kulturhistorischen Museum Mühlhausen. Erst 2014 gelang der erste archäologische Nachweis römischer Truppenpräsenz in Mitteldeutschland. In der Nähe des Dorfes Hachelbich im Kyffhäuserkreis konnte nach mehrjährigen Untersuchungen des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie ein römisches Marschlager aus dem 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. zweifelsfrei lokalisiert werden. Ob die Römer auch in Zella-Mehlis waren, wissen wir nicht. Aber unser Objekt des Monats, ein Sesterz aus der Zeit um 150 n. Chr., passt gut in diese Epoche.
Gefunden wurde das Stück im Mai 1952 von dem damals 13-jährigen Ulrich Brunzel, einem begeisterten Mineraliensammler, bei der Suche nach interessanten Gesteinsproben im Bereich der Metze zwischen Mehlis und Benshausen. Offiziell gemeldet wurde der Fund jedoch erst 1958 durch den damals für Zella-Mehlis zuständigen Kreisbodendenkmalpfleger Dr. Hans Sehlbach. Auf seinen Vorschlag hin wurde die Münze in die Sammlung des im Wiederaufbau befindlichen Heimatmuseums Zella-Mehlis aufgenommen. Wie und wann mag die Münze dort, mitten im Nirgendwo, hingekommen sein?
Ausschnitt aus der Fundmeldung von Dr. Hans Sehlbach an die damals zuständige Behörde
Um das 1. Jahrhundert n. Chr. hatte das Römische Reich seine größte Ausdehnung erreicht und sicherte seine Grenzen zunächst mit kleineren Befestigungen, den sogenannten Kastellen. Später wurden in den Gebieten, in denen die sogenannten Barbaren nicht durch Flüsse von den römischen Besitzungen getrennt waren, zusätzliche Schneisen geschlagen und mit tief gegründeten, mauerartig verbundenen Pfählen gesichert. Dieser so genannte Limes war jedoch kein unüberwindbares Bauwerk, sondern, durch Straßen und Wege reguliert, durchlässig. Zwischen dem römischen Reich und den germanischen Stammesgebieten entwickelte sich ein reger Handel, und so mancher Expeditionszug mit Soldaten wurde weit über die befestigte Grenze hinaus geschickt.
Ähnlich wie der begeisterte junge Geologe unserer Tage, wenn auch aus anderen Motiven, könnten in grauer Vorzeit Bergleute auf der Suche nach nutzbaren Erzlagerstätten auch das Gebiet um den Metzestein aufgesucht und dabei das Geldstück verloren haben. Jedenfalls sind zahlreiche Spuren von Bergbauaktivitäten, so genannte Pingen, aus verschiedenen Epochen in diesem Gebiet reichlich vorhanden, auch Spuren einer vermutlich mittelalterlichen Glasherstellung sind nachweisbar.
Kartenausschnitt des Fundgebietes
Auch die Münze selbst hält einige Informationen bereit. Auf der Vorderseite ist Antoninus Pius (86 bis 161 n. Chr.) abgebildet, der von 138 bis zu seinem Tod römischer Kaiser war. Unter ihm erlebte das Römische Reich seine letzte längere Friedensperiode. Dazu passt das Bild der Göttin Pax auf der Rückseite, die mit Füllhorn und Olivenzweig als Symbol des Friedens dargestellt ist. Die göttliche Verkörperung des Friedens erfreute sich nach langen unruhigen Zeiten großer Beliebtheit. Der Wortstamm „pactum“ weist darauf hin, dass Pax im römischen Verständnis nicht nur Frieden, sondern dieser immer auch das Ergebnis eines Vertrages (Paktes) bedeutete.
Vorder- und Rückseite der Münze
Neben der Göttin stehen die Buchstaben „S und C“ für „Senatus Consulto“ - „auf Beschluss des Senats“. Damit garantierte der römische Senat den Wert der Münzen, die seit kurz vor Christi Geburt nicht mehr nur aus Gold oder Silber, sondern auch aus den damals völlig neuen unedlen Metallen Messing und Bronze geprägt wurden. Aureus und Denar, die wertvollsten Münzen, wurden zwar weiterhin aus Gold bzw. Silber hergestellt, waren aber wegen ihres hohen Wertes nicht weit verbreitet. Sesterz und Dupondius wurden aus Messing geprägt, einer attraktiven gelben Kupfer-Zink-Legierung, während für die kleinsten Werte wie As und Quadrans reines rotes Kupfer verwendet wurde (diese Zweifarbigkeit haben unsere heutigen Cent-Münzen noch: 1, 2 und 5 Cent in Rot, 10, 20 und 50 Cent in Gelb). Die Münzen waren neu, aus einem unbekannten Metall, sahen ungewohnt aus und waren kein Edelmetall. Aber sie trugen die Buchstaben „SC“, der Senat, die nominell höchste Instanz, hatte dem Kaiser das Recht zur Prägung dieser Münzen übertragen und garantierte ihren Wert.
Sesterzen waren in der Kaiserzeit die wohl am weitesten verbreiteten römischen Münzen. Anders als Gold- und Silbermünzen gelangten sie auch in die Hände ärmerer Bevölkerungsschichten, denn sie entsprachen damals etwa einem Viertel des Tageslohns eines Arbeiters. Für einen Sesterz konnte man Brot und Wein für einen Tag kaufen. (ls)
Glossar
Museum
"Ein Museum ist eine nicht gewinnorientierte, dauerhafte Institution im Dienst der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Öffentlich zugänglich, barrierefrei und inklusiv, fördern Museen Diversität und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und partizipativ mit Communities. Museen ermöglichen vielfältige Erfahrungen hinsichtlich Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch."
ICOM-Museumsdefinition 2023