Zella-Mehlis ist reich an Geschichte!
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Objekt des Monats April 2024 – Telefon
Unser Objekt des Monats April 2024 stammt aus dem alten Bestand des Heimatmuseums am Mehliser Markt und befindet sich heute in dem Ausstellungsbereich Stadtgeschichte des Stadtmuseums in der Beschußanstalt.
Die Entwicklung der Telefontechnik geht bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Der Begriff „Telephon“ geht auf den deutschen Physiker und Erfinder Johann Philipp Reis zurück, der durch die Entwicklung des ersten funktionierenden Geräts zur Übertragung von Tönen über elektrische Leitungen als zentraler Wegbereiter des Telefons gilt. Sehr viele Erfinder befassten sich im 19. Jahrhundert mit dem Thema Telefon, doch aufgrund der Patentanmeldung des britischen, später US-amerikanischen Audiologen, Erfinders und Großunternehmers Alexander Graham Bell im Jahr 1876 gilt er heute als derjenige, der das Telefon in der heute bekannten Form als Kommunikationsmittel zur Übermittlung von Tönen und speziell von Sprache mittels elektrischer Signale entwickelte.
Kurz erklärt, funktioniert ein Telefon wie folgt: In Telefonapparaten wird der Schall durch ein Mikrofon in elektrische Signale umgewandelt und beim Empfänger wieder als Schallwelle ausgegeben.
Anfangs gab es auch noch keine Telefonnummern, wie wir sie heute kennen. Für den Aufbau von Telefonverbindungen wurde zunächst die sogenannte „Handvermittlung“ durch das „Fräulein vom Amt“ eingesetzt. Nach und nach setzte sich dann der „Selbstwähldienst“ mittels einer Wählscheibe oder Nummern-Tasten durch. In frühen Entwicklungsstadien liefen von jedem Telefon zwei Drähte an Masten zu einer Zentralstelle und so gab es bald unübersehbares Gewirr von Leitungen und Masten an den Straßen.
Auch konnte sich noch lange Zeit nicht jeder ein Telefon leisten. Zunächst waren es vor allem Fabriken, die sich die moderne Technik anschafften.
Unser Telefon stammt auch aus einem Zella-Mehliser Betrieb und war innerhalb des Betriebes mit anderen Abteilungen verbunden. So sparte man sich lange Laufwege zur gegenseitigen Verständigung.
Das heute etwa 100 Jahre alte Gerät besteht aus einem Telefonkasten aus Holz, in welchem sich noch immer die kompletten Anschlüsse befinden. Den Deckel des Telefons konnte man über eine Schraube an der einen Deckelseite öffnen, an der anderen Seite wurde er durch zwei Scharniere am restlichen Kasten gehalten. Die obere mit grünem Faden umwickelte Zuleitung zu dem Telefon ist ebenfalls noch erhalten. Von unten führt eine vierfach geflochtene Telefonschnur aus dem Gerät heraus. Der Boden des Telefonkastens ist mit acht Schrauben befestigt und mit zwei Hartgummifüßen ausgestattet, die beiden restlichen Füße fehlen.
Die am oberen Teil des Kastens angebrachte Telefongabel mit einem mittigen, durch Rillen verzierten Zwischenstück ist auf einer mit sechs Schrauben fixierten Eisenplatte befestigt. Leider ist die Gabel defekt. Der Hörer ist mit Muschel und Sprechrohr, an welchem Stücke herausgebrochen sind, ausgestattet.
Gewählt wurde über Knöpfe mit vorinstallierten Telefonnummern, die zum Anwählen der entsprechenden Nummer heruntergedrückt wurden. Es konnte jeweils nur ein Knopf gedrückt werden, denn sobald man einen Knopf betätigte, sprang der Vorhergehende wieder heraus. Die Knöpfe sind zweireihig zu je fünf Tasten angeordnet. Insgesamt 10 Telefonverbindungen konnten somit in dem Telefon zugeordnet werden.
Über den Knöpfen sind Hinweisschilder mit dem Rufnummernziel angebracht. Alle 10 Knöpfe des Telefons wurden belegt. Für den zweiten Knopf in der unteren Reihe ist zu lesen: „Dir. Öehring“, was einen Hinweis auf den Betrieb liefert, aus dem das Telefon stammt, denn das „Dir.“ bedeutet entweder „Direktor“ oder „Direktion“. Somit liegt es nahe, dass das Telefon in einem größeren Zella-Mehliser Betrieb mit einem Direktor Oehring im Einsatz war, allerdings gab es vor ca. 100 Jahren mehrere größere Betriebe, die auf den Namen „Oehring“ zurückgehen. Von allen Betrieben mit dem Namen „Oehring“ hatten laut Stadtbuch aus dem Jahr 1929 vier Betriebe bereits eine Telefonnummer. Der größte dieser Betriebe war „Ernst Carl Oehring, Stahlwarenfabrik, Inh. Albin und Robert Oehring, Ruppbergstr. 6“ mit der Rufnummer 604, der niedrigsten, also am frühesten angemeldeten Nummer, von den vier Betrieben. Daher kann angenommen werden, dass unser Telefon aus diesem Betrieb stammt. Mit Sicherheit können wir dies aber nicht mehr recherchieren – vielleicht hat ja der ein oder andere Bürger unserer Stadt dazu noch einen Hinweis zu geben, wir freuen uns über jede weitere Information zu unserem Objekt.
Funfact: Umgangssprachlich wird mit dem Begriff „Telefon“ neben dem Endgerät des Telefonnetzes oft auch das Gesamt-Telefonsystem bezeichnet. In der Schweiz ist mit „Telefon“ oft auch ein Telefongespräch (Telefonat) gemeint: „Geben Sie mir ein Telefon“ bedeutet dann „Rufen Sie mich an“. (jk)
Glossar
Museum
"Ein Museum ist eine nicht gewinnorientierte, dauerhafte Institution im Dienst der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Öffentlich zugänglich, barrierefrei und inklusiv, fördern Museen Diversität und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und partizipativ mit Communities. Museen ermöglichen vielfältige Erfahrungen hinsichtlich Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch."
ICOM-Museumsdefinition 2023