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Interview-Reihe „Abseits der Ausstellung“
"Die Eindrücke, die die Besucher mitnehmen, sind so individuell wie jeder einzelne Mensch eben ist."
1. Hallo Frau Keil, schon im Voraus Vielen Dank für das Gespräch. Bitte stellen Sie sich erst einmal selbst kurz vor!
Ich heiße Jessica Keil, bin 34 Jahre alt und stamme aus Zella-Mehlis. In meiner Freizeit tauche ich gerne in die phantastische Welt der Mittelaltermärkte und Messen in historischer (nicht unbedingt authentischer) Gewandung ein oder besuche Konzerte in den Bereichen Folk, Mittelalterrock oder Gothic. Gemeinsam mit Freunden oder meiner Familie besuche ich auch öfter Ausstellungen zu kulturellen Themen in unserer Region und über die thüringischen Grenzen hinaus, so statte ich noch regelmäßig meiner zweiten Heimatstadt Halle gerne einen Besuch ab.
2. Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Ich selbst würde mich als bodenständig, kreativ und geduldig beschreiben.
3. Was ist Ihnen wichtig im Leben?
Das Wichtigste sind für mich Gesundheit und Glück meiner Familie und Freunde. Das Angekommen sein im Leben, dazu gehört der Job/Beruf als Berufung, spielt ebenso eine Rolle. Außerdem achte ich auf ein friedliches Miteinander und auf ein Leben ohne Streit untereinander.
4. Was hat Sie dazu bewegt das zu tun, was Sie heute tun/in den Museen zu arbeiten?
Bereits während meiner Schulzeit war mein Lieblingsfach Kunst, daher habe ich mich nach dem Abitur auch zu einem Studium der Kunstgeschichte entschlossen. Dabei waren mir die Heimat und meine Familie immer sehr wichtig und ich kam oft hierher zu Besuch. Die Mitarbeit in den Städtischen Museen in Zella-Mehlis ist somit die perfekte Kombination aus Beidem – meiner Liebe zur Heimat und zur Kunstgeschichte/Kultur.
5. Seit wann arbeiten Sie bei den Museen?
Ich bin erst seit Juli 2016 Teil des Teams der Städtischen Museen Zella-Mehlis.
6. War Ihnen das Stadtmuseum schon vorher bekannt?
Allerdings. Ich kannte das Stadtmuseum bereits aus einem Praktikum und von diversen privaten Besuchen.
7. Was fasziniert Sie an der Museumsarbeit?
Wir sind ein kleines Team, in dem jeder alle Aufgaben übernimmt. Das bedeutet, dass man oft kreativ werden darf oder auch mal muss. Es bedeutet, dass jeder seine Ideen einbringen kann in allen Bereichen der Museumsarbeit. Man lernt immer wieder etwas Neues, bekannte Fakten werden mit neuen Erkenntnissen ausgeschmückt und untermauert, Zusammenhänge werden klarer. Vor allem lerne ich immer wieder durch Gespräche mit meinen Kollegen, mit Besuchern oder Mitarbeitern anderer Einrichtungen der Stadt wie der Leiterin des Stadtarchivs hinzu. Das macht die Arbeit hier so spannend, denn alles was man im Zuge der Museumsarbeit erfährt und somit für die Zukunft bewahren kann, erfährt man auch für sich selbst. Das ist doch ein Privileg.
8. Warum sind die Zella-Mehliser Museen nicht langweilig?
Weil Geschichte nicht still steht. Weil Geschichte bei uns greifbar und lebendig wird. Man muss sich nur darauf einlassen und ganz eintauchen in die Vergangenheit unserer Stadt. Dabei entdecken die einen Gegenstände, Arbeits- oder Urlaubsorte wieder oder Erinnerungen an längst vergessene Erlebnisse und Alltäglichkeiten aus ihrer eigenen Vergangenheit treten plötzlich wieder zu Tage. So sind z. B. das eigene RG 28 aus DDR-Zeiten oder der Glockenkorkenzieher, der noch immer im Küchenschrank liegt, wieder ganz präsent. Andere erfahren bei uns Fakten, die sie nie mit Zella-Mehlis in Verbindung gebracht hätten. Wer weiß schon, dass die erste deutsche Briefmarke von einem Zella-Mehliser entwickelt wurde oder dass die Walther PPK, mit der James Bond in jedem seiner Filme schießt, aus Zella-Mehlis stammt? Die Eindrücke, die die Besucher mitnehmen, sind so individuell wie jeder einzelne Mensch eben ist. Durch die Vielfalt an Themen, von der Industriegeschichte mit der Waffen- und Kleineisenherstellung, Automobilfertigung oder den Mercedes Büromaschinen über die Sportgeschichte, die DDR-Zeit bis hin zur Heimatgeschichte mit dem Hirtenwesen u.a. ist für jeden Besucher garantiert etwas dabei.
9. Angenommen, Geld spielte keine Rolle: Was würden Sie bei den Museen verändern?
Ein Museum muss lebendig erscheinen, es muss die Besucher in den Bann ziehen und anschaulich auf frische Art Geschichte vermitteln. Kann ein Museum dies bieten, dann wird es in den Augen der Öffentlichkeit akzeptiert und geschätzt und somit zu einer unverzichtbaren Einrichtung erklärt. Museen haben mannigfaltige Aufgaben zu erfüllen. Hierzu gehört das Sammeln und Bewahren, das Forschen und das Ausstellen und Vermitteln. Alle Aufgaben bedingen sich untereinander.
Nun muss die Sammlung aber auch gepflegt und weitergeführt werden, denn was heute noch Gegenwart ist, ist morgen schon Vergangenheit und somit Geschichte. Was ich damit sagen möchte ist, dass die Museumsarbeit so vielfältig ist, dass diese Aufgaben nur umfänglich und kontinuierlich erfüllt werden können, wenn hierfür das entsprechende Personal vorhanden ist. Ich würde mir also, wenn Geld keine Rolle spielen würde, den Einsatz von mehr Fachpersonal wünschen, um z. B. Forschungsarbeiten außerhalb unserer Museen in Archiven oder bei Privatpersonen durchführen zu können, den Museumsbestand professionell zu digitalisieren und natürlich viel mehr museumspädagogische Projekte anbieten zu können.
10. Was wurde bei den Museen bisher erreicht, worauf Sie stolz sind/einen großen Anteil hatten?
In den letzten Monaten haben wir an unserer Öffentlichkeitswirkung, besonders in den neuen Medien, gearbeitet. Wir haben z. B. unsere Online-Auftritte verbessert, indem wir nun gesteuert regelmäßig spannende Beiträge auf unserer Homepage und auf Facebook veröffentlichen und uns mit anderen für uns relevanten Einrichtungen verknüpfen. Die tägliche Museumsarbeit bietet hierzu viel Stoff. Ein Beispiel ist unser Museumsrätsel – dabei begeben wir uns als Mitarbeiter auf die Suche nach interessanten Objekten in unseren Ausstellungen, die wir dann fotografieren und nur ein Detail davon online bei Facebook posten. Die Gäste unserer Facebook-Seite können dann raten, um welches Objekt es sich handelt. Diese Aktion hat bereits jetzt eine sehr gute Resonanz erfahren.
Auch in den lokalen Printmedien wollen wir mit interessanten Infos aus den Museen vermehrt präsent sein und haben hierzu bereits Artikel veröffentlicht. Weiterhin ist aktuell eine neue Attraktion konkret für das Stadtmuseum, vor allem für Kinder, in der heißen Planungsphase. Aber dazu wird noch nicht mehr verraten...(lacht)
11. Ein paar Worte zum Schluss …
Ich bin stolz als Mitarbeiterin die Geschichte unserer Stadt in den Städtischen Museen präsentieren zu können und freue mich über jeden Besucher unserer Häuser, der seine Ohren und sein Herz für unsere Geschichten öffnet, sei er nun einheimisch oder ortsfremd. Wir können versprechen, dass niemand, der den Weg zu uns gefunden hat, gelangweilt wieder hinausgehen wird, sondern eher mit vielen neuen Eindrücken im Kopf, die ihn sicher noch eine Weile beschäftigen werden – auch über den Besuch der Museen hinaus.
Das Interview führte Philipp Keith im Rahmen seines dualen Studiums Marketing Management
Glossar
Museum
"Ein Museum ist eine nicht gewinnorientierte, dauerhafte Institution im Dienst der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Öffentlich zugänglich, barrierefrei und inklusiv, fördern Museen Diversität und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und partizipativ mit Communities. Museen ermöglichen vielfältige Erfahrungen hinsichtlich Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch."
ICOM-Museumsdefinition 2023